Acroyoga vereint die Weisheit des Yoga, die dynamische Kraft der Akrobatik und die liebevolle Güte von Nuad auf eine einzigartige Weise. Daraus wächst Vertrauen, Verspieltheit und Gemeinschaftssinn.
Yogastile gibt es inzwischen unzählige: von den traditionellen wie Ashtanga, Hatha und Vinyasa angefangen über Bikram, Kundalini bis hin zu Lachyoga, Aerial Yoga oder eben auch Acroyoga. Das Wort allein hat schon den ein oder anderen Laien aufhorchen lassen: „Ist das aggressives Yoga?“ Wer Yoga-Erfahrung hat, würde niemals so eine Assoziation herstellen. Geht es bei Yoga doch immer um den friedvollen Umgang mit sich und seinem Körper. „Acro“ kommt vielmehr von Akrobatik und ist derzeit voll im Trend. Der Stil ist eine schöne, verspielte Alternative zum herkömmlichen Yoga und passt mit seinen ästhetischen und beeindruckenden Posen wunderbar zum heutigen Insta-Lifestyle. Doch Acroyoga hat auch eine ganz andere, tiefgehendere Ebene, die wir uns von Acroyogalehrerin Lisa Looping erklären lassen: „Acroyoga bin nicht nur ich mit meiner Matte. Es ist Teamwork und macht deshalb schon mehr Spaß. Das Gemeinschaftserlebnis steht im Vordergrund, das gegenseitige Verständnis und Kommunikation.“ Lisa hat erstmals Acroyoga-Luft in Amerika beim legendären Burning Man-Festival in der Black Rock Wüste geschnuppert. Der Trend kommt auch aus Amerika, wo Jason Nemer und Jenny Sauer-Klein 2003 den Begriff Acroyoga erstmals prägten. Lisa Looping, so der Kunstname der Tänzerin und Yogalehrerin, der ihre Liebe zu Hula Hoop verrät, hat daraufhin in Spanien und Griechenland ihre Acroyoga-Ausbildungen gemacht und ist seitdem voll begeistert.
Elemente des Acroyoga
Diese drei Säulen stehen bei Acroyoga nebeneinander. Die Solar-Akrobatik: der dynamische, akrobatische Teil, bei dem Vertrauen, Kraft und Freude im Mittelpunkt stehen. Lunar-Akrobatik: der therapeutische Aspekt, hier geht es um Loslassen, Liebe, Zuhören und Entspannung. Und Yoga: Atemtechniken, Gleichgewicht und Achtsamkeit, durch den beide Partner sich als Einheit wahrnehmen können.
Es ist ein kreatives Ganzkörpertraining mit mentalen und sozialen Aspekten.
Wie schaffen wir das?
„Es ist viel lustiger einen anderen Menschen in die Luft zu heben, als irgendein Gewicht in die Höhe zu stemmen“, erzählt Lisa. „Es ist ein liebevolles Miteinander, das Vertrauen in sich und den anderen voraussetzt. Außerdem geht es beim gemeinsamen Üben sehr stark um die richtige Kommunikation – wenn auch manchmal nonverbal –, wie man sich mitteilt und gemeinsam eine Strategie entwickelt, mit Herausforderungen umzugehen und dabei die eigenen Grenzen und die des anderen kennenzulernen. Bei Acroyoga kann man viel für das echte Leben lernen – auch für das Beziehungsleben. Die Tools, die wir hier anwenden, kann man auch in die eigene Paarbeziehung einbauen. Viele Pärchen kommen gemeinsam in die Stunden und lernen dabei wieder zu kommunizieren, zu vertrauen oder über ihre Beziehung zu reflektieren.“
Flieger, Basis, Spotter
Acroyoga findet immer im Dreierteam statt. Jeder kann und soll im Laufe einer Praxis eine der drei Positionen einnehmen. Base (Basis): die stützende Person am Boden, Flyer (Flieger): die Person, die in der Luft gestützt wird und Spotter (Sicherung, Beobachter): die Person, die Hilfestellung geben kann und von außen unterstützt. „Der Rollentausch ist wichtig, damit man sich in die Perspektive des anderen hineinversetzen kann“, betont Lisa. „Flexibilität spielt sich nicht nur im Körper, sondern auch im Kopf ab.“ Der neue Yogatrend ist eine sehr inklusive Sportart, jeder kann mitmachen, egal welche Körpergröße und Vorerfahrung. Je diverser, desto besser. Geht es doch darum, gemeinsam als Team eine Strategie zu entwickeln, um in eine bestimmte Position zu gelangen. Der Prozess dorthin ist das wirklich Spannende daran. Lisa ergänzt: „Gemeinsam muss man 100 % ergeben, egal in welcher Verteilung. Selbst wenn einer nur 10 % und der andere dafür 90 % beiträgt, ist es am Ende wieder stimmig. Manchmal muss man einfach die „Schwächen“ des anderen ausbügeln“, schmunzelt Lisa. Letztlich ist es ein Geben und Nehmen und Sich-aufeinander-Einlassen. Zum Schluss kommt die restorative Praxis, die Entspannung. Dabei wird mittels Thai-Massage-Technik dem Körper das zurückgegeben, was man ihm zuvor abverlangt hat. „Vor lauter Freude bemerkt man oft gar nicht die körperliche Anstrengung“, spricht Lisa aus Erfahrung.
Text: Heidrun Henke
Fotos: Pascal Weis, ishinephotography.me