
Der Kühlschrank voll mit Bio-Lebensmitteln, der Strom aus erneuerbaren Energien, das Klimaticket im Geldbörsl – doch was macht eigentlich das Reisen „nachhaltig“?
Das Stichwort lautet „sanfter Tourismus“: Und das heißt, beim Reisen so wenig wie möglich auf die Natur einzuwirken sowie Kultur und Natur des bereisten Landes möglichst nah und ursprünglich zu erleben. Nachhaltige und authentische Reiseangebote werden immer stärker nachgefragt, wie Christian Hlade verzeichnet. Der ausgebildete Architekt gründete bereits vor über 20 Jahren das Reiseunternehmen „Weltweitwandern“, das naturverbundenen Reisenden ökologisch nachhaltige und sozial verträgliche Reiseerlebnisse ermöglicht. Mit den Pauschalangeboten kaufen sich Gäste eine Reise in unterschiedliche Länder der Welt verbunden mit Wanderungen und Besuchen bei lokalen Betrieben. „Wir arbeiten mit lokalen Guides, regionalen Angeboten und Unterkünften. Damit erleben unsere Gäste die Aufenthalte mit den Augen der Einheimischen“, sagt er.
Naheliegende Ziele wählen
Vor der Entscheidung, wohin die Reise geht, sollte die Frage stehen, was man gerne erleben möchte. Abenteuer, Entspannung oder Kultur? Wer Entspannung an weißen Sandstränden sucht, könnte sich auch mit der Ostküste Sardiniens anfreunden. Abenteuerurlaub bieten die vielen europäischen Gebirgsdestinationen von den Karpaten bis in die Pyrenäen. Schnorcheln und Tauchen? Geht auch in Europa. Meistens muss man für atemberaubende Erlebnisse nicht um die halbe Welt reisen. Ist die Frage des Reiseziels geklärt, bleibt die Wahl des Transportmittels. Und diese ist zentral, wenn es um die eigenen Auswirkungen auf Klima und Umwelt geht. Dabei ist Zugfahren besser als eine Autoreise und das Auto weniger schädlich als ein Kurzstreckenflug. Notfalls eignen sich Kompensationszahlungen, um die Emissionen auszugleichen.
Auswirkungen einkalkulieren
Einerseits ist die Reisebranche in vielen Ländern ein zentrales, wirtschaftliches Standbein, andererseits bringt der Gästeansturm oft auch Probleme mit. „Manche Gebiete werden von natursuchenden Menschen überrannt. Hier kommt es dann zu negativen Begleiterscheinungen wie mangelnden Parkplätzen, Müll- und Lärmproblemen“, meint Hlade. „Es gibt überall noch weniger touristische Flecken – auch in den Dolomiten muss man nur in ein anderes Tal abbiegen und ist oft alleine. Mit unseren Reisen versuchen wir abseits der touristischen Pfade zu wandern, was uns ganz oft gut gelingt wie z. B. im Velebit in Kroatien, wo ich gerade war.“ Eine große Auswirkung auf die regionale Nachhaltigkeit hat auch die Wahl des Nächtigungsbetriebs. Wer ein Zimmer in großen Hotelketten bucht, unterstützt internationale Firmen, die mitunter wenig für sanften Tourismus tun. Einen positiven Einfluss haben hingegen Buchungen bei kleinen, regionalen Betrieben, die gewisse Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Solche geprüften Unterkünfte finden sich auf Plattformen wie Ecobnb, Bookitgreen, Fairweg oder Good Travel.
Bewusst planen
Auch bei nachhaltigen Reiseunternehmen werden größere Distanzen mit dem Flugzeug zurückgelegt. Unter dem Namen „Forum anders reisen“ haben sich rund 130 Reiseanbieter zusammengetan und dem sanften Tourismus verpflichtet. Dabei werden Flugreisen unter 800 km ausgeschlossen, längere Distanzen werden zwar per Flugzeug zurückgelegt, müssen dafür aber eine längere Mindestdauer haben. Christian Hlade meint: „Fleisch essen, Auto fahren, Häuser bauen: Alles, was wir tun, ist zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen und das gilt eben auch für das Reisen. Auf das Reisen verzichten sollte man aber auf gar keinen Fall, denn es öffnet den Horizont!“ Mit einer guten Reisewahl können wichtige lokale Strukturen gestärkt werden. Und diese Betriebe werden mit ihrem Erfolg langfristig andere Tourismusbetriebe dazu bringen, ebenfalls nachhaltiger zu agieren.
4 sanfte Tipps:
Reise bewusst
Hinterlasse nichts in der Natur, kaufe wenn möglich biologische Lebensmittel bei regionalen Produzenten und nutze emissionsarme Verkehrsmittel. Kurz: Leave nothing but
footprints, take nothing but photographs.
Respect the locals
Die Einheimischen kennen ihre Region und geben auch gerne Tipps, wo es den besten Käse, den schönsten Ausblick oder das
authentischste Erlebnis gibt – frag nach, komm ins Gespräch und verhalte dich dabei immer respektvoll.
Authentische Souvenirs
Gerade der Souvenirverkauf ist in vielen Reisezielen eine wichtige Einnahmequelle der Einheimischen. Verzichte auf billige Import-Souvenirs und schau dich nach lokalen Geschäften um.
Iss regional
Auch beim Abendessen gilt: so regional und lokal wie möglich. Kleine Restaurants und Familienbetriebe bieten authentische und nachhaltige Kulinarikerlebnisse.



Text: Helena Zottmann
Fotos: Weltweitwandern.at, Unsplash / Eric Marty, Luca Bravo