Mythisch Englisch

FALTENLOS. … ist das Kleid des Briten. Die Farbe „­Orange Flame“ steht ihm bei Sonnenaufgang besonders gut. | ©Privat/Florian Czech

Nicht nur im Herzen ist der Bentley Continental unverändert ein Rennsportler. Als Convertible knüpft er erst recht an jene Zeiten an, als so gut wie alle Automobile dachlos waren.

Es hat schon seinen Grund, dass es einen langjährigen Bentley -Owners Club nicht gibt. Sehr wohl jedoch versammeln sich die Enthusiasten des „Flying B“ im Drivers Club. Denn was ein Echter aus Crewe ist, der will – der muss! – gefahren werden. Vielleicht nicht permanent im Racing-Modus, wie es Walter O. Bentley im Sinn gehabt hatte, ganz nach dem Motto „Race on Sunday, sell on Monday“. Doch die Bewegung im akzelerierten Sinn ist diesen edlen Engländern in die Gene eingeschrieben.

Genauso wie die Rennleidenschaft, die den einstigen Boliden – in den 1920er und 1930er Jahren – in die Wiege gelegt wurde. Mit einer gewissen Gewichtigkeit. Ettore Bugatti verlieh Bentleys den Titel „Die schnellsten Lastwagen der Welt“. An Laster erinnern die damaligen Gefährte auch, sie sind eckig und kantig. Ohne Aufbau, denn ein Dach kostete Geld, das man lieber in die Performance investierte. So gut wie alle frühen Automobile waren quasi Cabrios.

RACEN IN DEN GENEN
Erst recht galt das damals für die Rennsportler (tut es heute noch in der Königsklasse, der Formel I). Das war und ist nicht zuletzt ein – wenn damals auch noch rudimentäres – Zugeständnis an die Aerodynamik. Bentley hat damit eindrucksvoll reüssiert, auf den Sieg-Einstand des Jahres 1924 im 24-Stunden-Rennen von Le Mans folgten Serien-Triumphe: 1927, 1928, 1929 und 1930. 2003 legte man noch mal eins drauf, als das Bentley-Fahrerteam mit dem Le-Mans-Prototypen „Speed 8“ im Langstrecken-Rennen an der Sarthe siegte.

All das steckt bis heute in den Edlen aus den British Midlands. Selbst wenn Ecken und Kanten kraftvoll fließenden Linien gewichen sind, nur sparsam mit Zierrat dekoriert, um die proportionierte Wirkung nicht zu schmälern. Vor allem in der Convertible-Version ist der Continental GT eine veritable Reinkarnation seiner Vorfahren. Allerdings mit einem Komfort-Niveau à la Luxus-Lounge. Was den Engländer keineswegs zarter und leichter macht, denn er ist nach wie vor eine äußerst imposante Erscheinung mit eben-solcher Präsenz.

AM BESTEN OFFEN
Die er gelassen demonstriert. Er muss weder optisch noch akustisch die Skala automobiler Auffälligkeiten bespielen. Er erscheint einfach. Entweder sanft schnurrend oder auffordernd knurrend, je nach Fahrer-Lust und -Laune. Was natürlich am besten die Sinne streichelt, wenn das Verdeck geöffnet ist. Wie es sich eben gehört für einen Convertible. In der Hitze des Sommers hält die Sitzbelüftung kühl, wird’s zu frisch, kann man einfach die Nackenheizung aktivieren.

Technische Daten:

Bentley Continental GT Convertible V8.
Benziner, 3.996 ccm, V8, Biturbo, 550 PS,
770 Nm, Allradantrieb (heckbetont),
0 auf 100 in 4,1 Sekunden, 318 km/h Top-Speed, 4.850/2.187 (inkl. Außenspiegel)/
1.405 mm L/B/H, 2.849 mm Radstand,
ab 2.335 kg, 2 plus 2 Sitze, 235 l Kofferraumvolumen, Öffnen/Schließen des elektrisch betätigten Verdecks: 19 Sekunden.
Preis: ab 196.100 Euro,
Testwagen: 276.450 Euro.

EDEL. Klar auf allen Linien ist die Statur, Dekorakzente sind sparsam gesetzt, eher schimmernd als glänzend. | ©Privat/Florian Czech

Text: Beatrix Keckeis-Hiller

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