Die Zukunft ist machbar

URBAN REGREENING. Dass die Stadt mehr Grün braucht, manifestiert sich Anfang der 20er gerade im kollektiven Bewusstsein. Bis 2050 werden Städte weltweit grüner geworden sein. | ©Unsplash

Corona-Pandemie, Klimakrise, hohe Inflation und Kriege in spürbarer Nähe – die Gegenwart ist krisengebeutelt. Wie ein optimistischer Blick in die Zukunft gelingt.

Zukunftsprognosen haben immer etwas Unglaubliches: Utopien und futuristische Vorstellungen prophezeien dem Menschen private Mondumrundungen, das Leben auf dem Mars oder zumindest Rohstoffgewinnung im All. Doch wenn es die Menschheit schaffen kann, Leben auf dem Mars zu ermöglichen, wieso soll das Leben nicht auch auf einem vom Klimawandel erhitzten Planeten Erde langfristig möglich bleiben? 

Blick in die Zukunft
Die Zukunftsforschung oder Futurologie befasst sich mit der systematischen Auseinandersetzung möglicher zukünftiger Entwicklungen. Während die Marktforschung über statistische Zählungen die Vergangenheit abbildet und die Trendforschung die Gegenwart beobachtet, wird in der Zukunftsforschung eine „mögliche Zukunft“ ermittelt und daraus dann eine „wahrscheinliche Zukunft“ abgeleitet. Dabei stützt sie sich auf unterschiedliche Methoden: Angewendet wird eine Vielzahl verschiedener Simulationen, Analogien mit Geschehnissen der Vergangenheit, Verflechtungsmatrixen und statistische Hochrechnungen wie zum Beispiel Trendextrapolationen. Ein Institut, das diese Forschung vermittelt, ist das Zukunftsinstitut Deutschland. Es besteht seit 1998 und bringt jedes Jahr in Zusammenarbeit mit zahlreichen Forschenden und Publizierenden einen Zukunftsreport heraus, der die Geschehnisse für das nächste Jahr voraussagen will. Der Report für das Jahr 2022 will Optimismus fördern: „Der Mensch ist zur Zukunft fähig“, konstatieren die Autorinnen und Autoren.

Blick zurück aus der Zukunft
Ein Instrument, das Zukunftsoptimismus schafft, ist die Regnose. Dafür blickt man aus einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zurück auf die bis dahin vergangenen Jahre. Dabei gilt die Frage: Was wird passiert sein? Der Zukunftsreport nutzt dieses Tool, um verschiedene technologische Innovationen zu betrachten, die aktuell teilweise in den Kinderschuhen stecken, die Welt bis 2050 aber maßgeblich verändert haben werden. Treiber dieser Entwicklungen sind jene sozialen, gesundheitlichen, klimatischen und geopolitischen Geschehnisse, mit denen wir gerade konfrontiert sind. „Durch den Blick zurück aus einer möglichen und wahrscheinlichen Zukunft wird eine andere Gegenwart sichtbar, in der das Neue sich bereits manifestiert“, heißt es im Zukunftsreport.

Das waren die 20er
Die 2020er-Jahre werden ein Jahrzehnt der starken Umbrüche gewesen sein. Erneuerbare Energien haben 2050 den Sprung vom Nischenlieferant zur Energiedominanz geschafft. In den ersten Monaten des Jahres 2022 stiegen die Energiepreise so rasant an, dass die Abhängigkeit von Gas und fossilen Brennstoffen bald weder für Konsumenten noch für ganze Staaten tragbar waren. Was anfangs ein gelegentlicher Anblick war, entwickelte sich im Laufe des Jahrzehnts zum optischen Alltag: Windkraftanlagen und Solarparks wurden gigantische Infrastrukturanlagen in Wüsten und unbewohnbarem Gebiet und liefern im Jahr 2050 Elektrizität für Millionen Haushalte. 

Auch die Frage der Batterie-Produktion wird 2050 gelöst worden sein: Lithium-Kreisläufe sorgen für die mühelose Rezyklierung von Energiespeicherrohstoffen. Ebenso werden neue Batterie-Technologien entwickelt worden sein, die auch auf nachwachsenden Rohstoffen wie Holz oder Hanf basieren. 

Awareness im Jahr 2050
2050 ist Klimabewusstsein kein Kampfwort mehr. Das Bewusstsein für Emissionstransparenz ist längst zur Gewohnheit geworden. Was Anfang der 2020er noch ein unangenehmer Lernprozess war, hat sich 30 Jahre später manifestiert: Wie sich Alltagsentscheidungen aufs Klima auswirken, ist in Zahlen ebenso einfach ablesbar wie der Akkustand am Smartphone und entsprechend steuerbar. Weiterer Tipping-Point: Die Finanzwirtschaft investierte ab 2022 großflächig in grüne Infrastruktur und postfossile Unternehmen. Das befeuerte Innovationen und neue, grüne Branchen. 

Städte der Zukunft
Der Zustrom in die Städte blieb trotz kurzzeitig gegenteiliger Prognosen über die erste Hälfte des 21. Jahrhunderts ungebrochen. Entsprechend dringlich war in den 2020ern und 30ern eine klimaaktive Stadtplanung: Die 15-Minuten-Stadt, in der sämtliche Dienstleistungen von jedem Punkt der Stadt aus in 15 Minuten Fußweg erreichbar sind, wurde zum Maß aller Dinge. Zukunftsgerichtete Stadtplanung orientierte sich daran. Schlagworte wie die Schwammstadt, Urban-Mining oder Urban Regreening mussten Anfang der 20er noch überdeutlich kommuniziert werden und sind 2050 längst bekannte Aspekte. 

Fazit im Futur II
Was davon 2050 eingetroffen sein wird, kann nur die Realität der nächsten Jahrzehnte zeigen. Tatsache ist, dass die Technologien und Möglichkeiten für eine Trendumkehr vorhanden sind und dass auch auf einem +2°C-Planeten ein angenehmes Leben möglich sein wird. Die Tools, die dafür eingesetzt werden müssen, hat der Mensch bereits erfunden.

Buchtipp. Zukunftsreport 2022, Hrsg.: Matthias Horx
Mehr unter zukunftsinstitut.de

Text: Helena Zottmann

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