Genial brachial

KNIFFLIG. Etwas mehr als 4,4 Meter kurz, mit knapp sitzendem, teilelektrisch-manuell zu bedienendem Verdeck.

Keine Missverständnisse aufkommen lässt der Porsche 718 Spyder: Der Zweisitzer ist ein Sportler. Einer, der trotz des engen Korsetts aktueller Technik-Diktate fast kompromisslos ist.

Das Autofahren ist auf dem Weg von einer aktiven zu einer passiven Tätigkeit. Engagiertes Dirigieren eines Lenkrads im Verein mit präzisem Umrühren in einem Schaltgetriebe wirkt fast schon antiquiert. Die aktuellen technischen Entwicklungen führen dazu, dass man zunehmend zum Passagier wird, angeleitet und an die Leine gelegt von elektronischen Systemen.

UMRÜHREN
Nur einige wenige Ausnahmen, die mit einem Minimum an computergesteuerten Assistenten auskommen können, gibt es noch. Der Porsche 718 Boxster Spyder gehört dazu. Der könnte sogar noch manuell, über sechs Gänge geschaltet werden. In den Test-Fuhrpark fuhr er jedoch mit siebenstufigem Direktschaltgetriebe. Was zumindest das Zockeln im Stau erträglicher macht. Und immerhin kann man via Schaltpaddel in die Fahrstufenwechsel eingreifen. Bis zu einem gewissen Grad.

Doch abgesehen von diesem Detail: In Summe ist es Autofahren wie damals. Einfach genial. Mit strenggängiger Lenkung, ungefiltertem Motorsound (egal, ob das Verdeck offen oder geschlossen ist) und unverblümter Rückmeldung des Fahrwerks. Allradantrieb? Gibt’s für den Boxster (und sein geschlossenes Pendant, den Cayman) nicht. Ist es nass, tanzt das Heck, prompt und freudig, doch durchschau- und einfangbar, trotz des mit 1.450 Kilogramm gar nicht so moderaten Gewichts. Auch wenn es trocken ist, bleibt das Heck gerne in Bewegung, da muss man gar nicht erst in die noch sportlicheren Fahrmodi schalten.

SCHAULAUFEN
Zupacken muss man, soll die textile Mütze gefaltet oder wieder entfaltet werden. Das Öffnungs-/Schließ-System ist nur zu einem kleinen (Einleitungs-)Teil elektrisch betätigbar. Aber ist der Ablauf der Mechanik einmal durchschaut, geht das flott von der Hand. Und es gehört im – nur körperlich – kleinen Zuffenhausener einfach dazu, um das je nach Lust und Laune genial brachiale oder moderater sportliche -Fahrerlebnis auszukosten. Damit einher geht, zugegebenermaßen, ein gerüttelt Maß an Show-off. Unbemerkt passiert man weder Innenstadtgassen noch (hin und wieder notwendige) Autobahnpassagen, Aufsehen ist garantiert, und wenn es nur darum geht, sich die Flunder einmal aus nächster Nähe anzuschauen.

EIN- & AUSSTEIGEN
Erstaunlich ist: So knapp bemessen der Innenraum auch wirkt, es können sich durchaus auch sehr groß Gewachsene darin verstauen. Die Nase vorn haben jedoch die Unter- und Durchschnittsgrößen, die schlüpfen easy hinein und wieder hinaus. Etwas, das nicht mit jedem zweisitzigen Flachmann so ohne Weiteres möglich ist.

Porsche 718 Boxster Spyder:
Benziner, 3.995 ccm, Sechs­zylinder-Boxer, 420 PS, 430 Nm, Heckantrieb, Siebenstufen-Doppel­kupplungsgetriebe, 0 auf 100 in 3,9 sec, 300 km/h Top-Speed, 4.430/1.801/1.258 mm L/B/H, 2.484 mm Radstand, ab 1.450 kg Gewicht, 150 (v) + 120 (h) l Kofferraum, 2 Sitze, 64 l Tankinhalt

Preis: ab 127.098,89 Euro 
Testwagen: 148.713,77 Euro

Text: Beatrix Keckeis-Hiller
Foto: Right Light Media

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