Kaffee-Genuss

Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 7,8 Kilogramm Kaffee im Jahr liegen die Österreicher europaweit im Spitzenfeld. Grund genug, sich mit dem ­beliebten Genussmittel intensiv auseinanderzusetzen.

Um gleich direkt in die ­Geheimnisse der Kaffeewelt einzutauchen – zwei Sorten sollte man sich merken: Arabica und Robusta. Arabica ist die höherwertige Sorte. Sie bringt einen feineren, aromareicheren Kaffee hervor, der zudem einen geringeren Koffeingehalt als ­Robusta vorweist. Robusta-Sorten werden meist durch den höheren ­Gehalt an Koffein, Gerbstoffen und Chlorogensäure als bitter und holzig empfunden. Die bekanntesten Arabicas kommen aus Äthiopien, Brasilien, ­Guatemala, Hawaii, Jamaika, Kenia, Kolumbien, Mexiko und Peru. Die ­besten Robusta-Sorten aus Brasilien, Indien und Uganda.

Die Reise der Bohne in die Tasse
Der Weg des Kaffees beginnt in einer Pflanzschule, in der tausende „Pergaminos“ nach sechs bis acht Wochen zu treiben beginnen. Nach drei bis vier Jahren Pflege tragen die jungen Sträucher erstmals weiße Blüten. Daraus entwickeln sich Kaffeekirschen, die in unterschiedlichen Reifestadien am Strauch hängen. Das heißt, Kaffee kann nicht auf einmal abgeerntet werden. Aus dem Grund ist die Kaffee-Ernte eine sehr menschenintensive Arbeit. Schließlich wird die Bohne aus dem Fruchtfleisch der Kirsche mittels trockener oder nasser Aufbereitung „befreit“. Die Bohnen werden anschließend nach Größen und Handelsklassen gesiebt und gereinigt. Um Preis und Qualität bestimmen zu können, wird dem Sack eine Probe entnommen, ­geröstet und als schwarzer Kaffee verkostet. Bei ­diesem Tasting werden Aussehen, Aroma, Geschmacksfülle und Säure des Kaffees verkostet. Ist man sich einig, wird der Kaffee verladen und per Schiff in die Verbraucherländer transportiert. Die weitere Verarbeitung findet dann in den Konsumländern statt. Dort bewahren die Kaffeeröster auch ihr größtes Geheimnis auf: die Mischungen. Nur sehr ­selten wird sortenreiner Kaffee angeboten. Zumeist handelt es sich um ­Mischungen („Blends“). Dabei werden Kaffeebohnen unterschied­licher Herkunft, Sorte und Qualität zusammengemixt, um in der Mischung den ­gewollten Geschmack zu erzielen. Vermischt wird entweder vor der Röstung oder nachdem die einzelnen ­Sorten eigens geröstet wurden.

Der Röstmeister macht den Kaffee
Ob der Kaffee schmeckt oder nicht, hat der Röstmeister zu einem beachtlichen Teil in der Hand. Er orientiert sich an Geschmackserwartungen und der späteren Zubereitungsart wie Filterkaffee oder Espresso. Das Rösten selbst ist ein hochkomplexer Vorgang, der die Bohne zu einem kulinarischen Gesamtkunstwerk macht. Das Ergebnis ist ein Feuer­werk an Inhaltsstoffen: Kohlenhydrate, Fettstoffe, Wasser, Eiweißstoffe, Säuren, Alkaloide (Koffein), Mineralstoffe und etwa 1.000 unterschiedliche Aromastoffe ergeben dann das fertige Geschmackserlebnis.

Facetten für Kaffeegenießer
Und welcher Kaffee ist jetzt der Beste? Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Aber man kann die Zubereitung so beeinflussen, dass das Optimum aus der Bohne gewonnen wird. Dass Kaffee in Italien anders schmeckt als in Österreich, hat nicht nur psychologische Ursachen wie das „Urlaubs­feeling“. Auf was müssen Sie also alles achten? Das Wasser, der Mahlgrad des Kaffees, die Dosierung der Portion, die Brühtemperatur, die Kontaktzeit ­zwischen Wasser und Kaffeemehl und ­natürlich die Qualität der Kaffeebohne spielen eine große Rolle, wie der Kaffee am Ende schmeckt. Auch das Wasser schmeckt klarerweise in jedem Land anders und ist allein deshalb schon ein wichtiger Faktor für lokale ­Unterschiede; zu weiches Wasser betont die Säure des Kaffees, während zu hartes Wasser die feinen Fruchtsäuren neutralisiert. Der Mahlgrad entscheidet, ob beispielsweise beim Espresso das Wasser durch den Kaffeekuchen durchrauscht wie ein Gebirgsfluss oder nur tröpfelnd den Weg in die Tasse findet. Optimal ist ein Auslauf, der aussieht wie ein leicht ­gebogener Faden. Die richtige Dosierung ist ebenfalls entscheidend. Beim kleinen Espresso sollten es zumindest sechs bis acht Gramm pro Tasse sein. Beim Filterkaffee sind Rechenkünste gefragt: Für die erste Tasse zehn Gramm und für jede weitere zumindest sechs Gramm. Die Brühtempe­ratur bei der Espressomaschine soll bei etwa 92 Grad Celsius liegen. Mit dieser Temperatur trifft das Wasser auf das Kaffeemehl und kann optimal die einzelnen Aroma- und Geschmacksstoffe herauslösen. Ein weiteres wesent­liches Element ist die Kontaktzeit zwischen Wasser und Kaffeemehl. Ist die Kontaktzeit zu lange, dann werden zunehmend Bitterstoffe aus dem Kaffeemehl herausgelöst. Wer den Unterschied schmecken will, kann einmal denselben Röstkaffee als Espresso und als Filterkaffee ausprobieren. Der Einfluss der Bohnenqualität ist auch leicht zu testen. Am anschaulichsten ist der ­Vergleich zwischen einem 100 %igen Robusta und einem 100 %igen Arabica. Sie werden den Unterschied merken!


Das Tasting
1) Gießen Sie frisch in zubereiteten Kaffee ohne Milch, Zucker o. Ä. in eine Tasse.
2) Riechen Sie an dem Kaffee. Ein großer Teil der Geschmacksempfindungen wird durch die Nase aufgenommen.
3) Schlürfen Sie den Kaffee. So können die feinen Geschmacksnuancen und Aroma­stoffe die Geschmacksknospen auf der Zunge erreichen.
4) Versuchen Sie, den Kaffee zu beschreiben:
– Die Säure schmecken Sie in erster Linie auf den Seiten der Zunge.
– Hat der Kaffee einen leichten oder schweren Körper? Der Körper äußert sich im Nachgeschmack, den Sie noch lange auf der Zunge spüren.
– Welchen Geschmack hat der Kaffee, wie würden Sie ihn beschreiben?


COFFEE LOVER. Kommunikationsexperte Bernhard Krumpel ist seit 1990 als Kaffeesommelier aktiv. ­Infos zu allen Kaffeebelangen unter: office@krumpel.at


Fotos: iStock
Text: Bernhard Krumpel, Alicia Weyrich

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