Mehr als kein Abfall

Vom eigenen Einkaufssackerl bis zum regionalen Warenkorb – „Zero Waste“ bedeutet mehr als nur möglichst müllfrei zu leben …

Vor fünf oder zehn Jahren war noch der vorne dabei, der seine Shampoos gelegentlich selbst herstellte, die Wäsche mit Rosskastanien wusch und im Restaurant „Bitte kein Röhrl!“ sagte. Heute sind diese Zero-Waste-Ideen längst bekannt und in den meisten Haushalten zumindest einmal ausprobiert worden. Müllvermeidung ist ein großes Thema, zumal der Tatsache nicht mehr auszuweichen ist, dass viel zu viel Müll anfällt. Was jeder und jede Einzelne dafür tun kann? Reduzieren. Der kritische Blick in den eigenen Warenkorb ist der erste und wichtigste Schritt für ein ver­packungsärmeres Leben.

Anpassung der Angewohnheit
Die Schwierigkeit: Es muss am eigenen Einkaufsverhalten geschraubt werden. Wo soll man da anfangen? Lebensmittel, Kosmetik, Mode – mit jedem Einkauf trägt man immer noch Mengen an Plastikverpackungen nach Hause. „Von heute auf morgen alle Bereiche umzustellen, überfordert jeden. Es ist wichtig, sich nach und nach einen Bereich oder ein Detail auszusuchen und ein wenig zu verbessern.“ Diesen Tipp gibt Claudia Mäser, Inhaberin des Zero-Waste-Ladens „Lieber Ohne“ im 6. Wiener Gemeindebezirk und selbst praktizierende Zero-Waste-Lebende. „Bei Lebensmitteln tu ich mir persönlich natürlich leicht, da ich einen Zero-Waste-Lebensmittelladen führe. Aber auch im normalen Supermarkt gibt es inzwischen einfache Möglichkeiten auf Verpackungen zu verzichten. Man muss nicht gleich das ganze Leben umstellen, um die ersten Schritte in Richtung weniger Verpackungsmüll zu gehen.“ Dass ein Leben verpackungsfrei und regional gut und ohne Verzicht funktioniert, ist Claudia Mäser wichtig zu vermitteln. „Sobald man sich ein bisschen damit auseinandersetzt und einfach irgendwo anfängt, fallen einem die vielen kleinen Tricks und Möglichkeiten bald von selbst auf.“ Wichtig dabei: Schritt für Schritt umdenken und sich nicht überfordern.

Weniger Waste zu Hause
Kleine Handgriffe daheim sind die ersten Schritte. Zum Beispiel die Vorräte in Glasbehälter umfüllen. Die verschiedenen Getreidesorten, getrockneten Kicher­erbsen, noch ein hohes Glas für Spaghetti und ein paar bauchige Gläser für Nüsse und Haferflocken. Ob man die Produkte ursprünglich mit Verpackung im Kleingebinde gekauft oder im Zero-Waste-Shop direkt abgefüllt hat, ist für Claudia Mäser sogar zweitrangig: „Es macht auch Sinn, die Produkte erst zu Hause in Glas umzufüllen. So wird Ungeziefer ferngehalten, die Feuchtigkeit bleibt draußen und die geöffneten Lebensmittel bleiben länger haltbar.“ Noch mehr Sinn macht es natürlich, das ­eigene Geschirr mitzunehmen und schon beim Einkauf Verpackung zu reduzieren. Allein das Plastik-Gemüsesackerl wegzulassen, macht einen Unterschied. Mäser rät, einfach immer einige Papier- oder Stoffbeutel in der Tasche mit sich zu tragen. „Im Supermarkt oder beim Bäcker und auch für Erledigungen zwischendurch eignet sich das bestens“, so die Zero-Waste-Erfahrene. An der Käse- und Wursttheke in Supermärkten könne man inzwischen sehr gut die eigene Box hinhalten, die Verkäufer sind darauf bereits geschult.

Mit Mehrweg unterwegs
Auch und gerade beim Essen to go gibt es enormes Einsparpotenzial. Während der Pandemie sind Speisen zum Mitnehmen die einzige Möglichkeit außer Haus zu essen und entsprechend stieg die Nachfrage in den vergangenen zwölf Monaten. Hier eignet es sich, einen ­eigenen Mehrwegbehälter mitzubringen oder bei Lokalen zu bestellen, die auf ein Mehrwegpfandsystem setzen. Das ist anfangs ein bisschen schwierig, wird aber bald zum Selbstläufer. Generell müsse man die Herausforderung pragmatisch angehen: „Man muss für sich selbst den Kompromiss finden, zwischen dem, was einfach möglich ist, dem worin man schon gut ist und dem, wo man sich noch verbessern kann“, so Mäser. Für sie hört der Zero-Waste-Gedanke nicht bei Verpackungen auf: Emissionen, Transportwege und Regionalität zählen für sie selbstverständlich zu Entscheidungskriterien beim Einkauf. Aber es sind vor allem die ersten Schritte Richtung Abfallvermeidung, die zählen. Als Mäser vor vielen Jahren begann, verpackungsfrei zu leben, war das Angebot noch mehr als überschaubar, heute wird dem Zero-Waste-Gedanken schon im Supermarkt der rote Teppich ausgerollt. Man muss das Angebot nur mehr nutzen.


Schlaues Einkaufen. Wer seinen eigenen Einkaufskorb oder sein eigenes Stoffsackerl mitbringt, tut einen Schritt in die richtige Richtung.


Mission. Claudia Mäser betreibt einen Zero-Waste-Laden im 6. Bezirk in Wien.


Mitmachen. Supermärkte und Drogerien bieten inzwischen viele Alltagsprodukte zum Nachfüllen für einen abfallreduzierten oder sogar abfallfreien Lebensstil an.


Behältnis. Ab ins Glas mit den Lebensmitteln! Ob sie davor in Plastik verpackt waren oder nicht, ist zweitrangig.


Text: Helena Zottmann
Fotos: daiga ellaby unsplash, iStock, privat

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