Leder ist Leben

STILVOLL. Das elegante Geschäft in der Bräunerstraße, unweit des Stephansdoms, war ursprünglich eine Hausmeisterwohnung. | ©Bubu Dujmic, R. Horn’s Wien

Mit feinstem Leder bedient das Wiener Familienunternehmen R. Horn’s sinnliche Sehnsüchte. In traditioneller Handarbeit entstehen Accessoires von klassischer Eleganz.

Wer will schon modern sein? In der Welt von R. Horn’s ist der Geist der Wiener Avantgarde aus dem beginnenden 20. Jahrhundert jedenfalls noch heute höchst lebendig. „Form follows function“, erklärt Julian Horn das klassische Prinzip ihrer Designs für Damen- und Herrentaschen, Aktentaschen, Brieftaschen und andere Accessoires aus feinstem italienischen Leder: „Wir verzichten auf alle Schnörkel und Verzierungen. Unser Anspruch ist, dass unsere Produkte schlicht und zeitlos elegant sind.“ 

Essenzielle Kulturtechnik
Der wohlriechende Werkstoff, der in der eigenen Werkstatt in Wien-Margareten in handwerklicher Tradition verarbeitet wird, stammt seit über 20 Jahren vom selben Lieferanten aus der Toskana. Julian Horn ist bewusst, dass sich der gesellschaftliche Zugang zu Leder in jüngster Vergangenheit verändert hat: „Wir sind Teil der tierverarbeitenden Industrie und dazu kann man natürlich unterschiedliche ethische Stand-punkte einnehmen.“ Sein eigener ist von der Menschheitsgeschichte geprägt: „Lederverarbeitung ist eine essenzielle Kulturtechnik. Leder hat zur Entwicklung der Gesellschaft beigetragen.

Gegründet wurde der Betrieb von Vater Robert Horn Mitte der 1980er Jahre – ursprünglich als Geschäft für elegante Lederschuhe. „Mein Vater, der sehr gut zeichnen und seine ästhetischen Ideen perfekt ausdrücken kann, hat aber rasch erkannt, dass er für Schuhe ein viel größeres Lager gebraucht hätte. Also hat er sich auf elegante Accessoires spezialisiert.

Neue Tradition
R. Horn’s ist ein Familienunternehmen, in dem gerade ein fließender Übergang zur zweiten Generation vorbereitet wird: Vater Robert, 72, hat sich mehr oder weniger aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen und trifft strategische Entscheidungen, Sohn Julian, 40, kümmert sich nicht zuletzt um das Online-Geschäft: „Eine spannende Aufgabe, denn plötzlich steht uns die ganze Welt als Marktplatz zur Verfügung. Es geht aber auch darum, eine analoge Kulturtechnik in einer digitalen Dimension zu präsentieren, in der die Haptik keine Rolle spielt.

Sinnliche Freuden
Denn gerade sinnliche Erfahrungen spielen bei Manufaktur-Produkten eine entscheidende Rolle, weiß Julian Horn: „Die menschlichen Sinne wollen bedient werden.“ Und, was in Zeiten der unaufhaltsamen Globalisierung nicht außer Acht zu lassen ist, sie fördern bodenständige Erinnerungen: „Wir stellen sehr viele Einzelstücke und Sonderanfertigungen her. Es kommen immer wieder Menschen mit alten -Stücken aus Familienbesitz und bitten uns, exakte Replikas herzustellen.

Zu den Kunden, die das minimalistische Design aus der Wiener Werkstatt zu schätzen wissen, zählen Geschäftsleute, Politiker und Diplomaten ebenso wie Kunstschaffende. Oscar-Preis-träger Michael Haneke etwa ließ für seinen Film „Die Klavierspielerin“ eine mattschwarze Tasche anfertigen, in der es keinerlei glänzenden Teile gab: „Natürlich erkennt der Zuschauer nicht, dass diese Tasche von uns stammt. Aber wir freuen uns, dass sich unsere Arbeit mit so hoher Kunst schmücken darf – und umgekehrt.

rhorns.com


Text: Hannes Kropik

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